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Giftpflanzen

Aktualisiert: 1. Sept. 2023

Text: Sarah Blum


Disclaimer: Wir sind keine Tierärztinnen und distanzieren uns von jeglichem Fehlverhalten unserer Leser und appellieren an deine Eigenverantwortung. Wir wollen nur aufklären und informieren. Bei Unklarheiten oder seltsamem Verhalten deines Pferdes nach dem Fressen/Weidegang/Ausritt, rufe bitte sofort deinen Tierarzt oder den tierärztlichen Notdienst deiner Region! Lieber einmal zu viel, als zu wenig, im Interesse deines Vierbeiners! Pferde fressen für ihr Leben gern. Müssen sie auch, logisch. Das wissen wir alle. Egal ob Leckerli, Gras, Hafer, Bananen, Äpfel, Karotten oder den Filzhut des ihnen am nächsten stehenden Menschen. Wenn man nicht aufpasst, sind sie überall, die Taschenkletterer und Nase-in-den-Bauch-Bohrer. Was einerseits süß und frech ist, ist andererseits unhöflich und rüpelig. Wie ein Kind, das seine Mutter immer anstupst, weil es Schokolade möchte, trachtet unser Vierbeiner nach dem Keks. Kann hilfreich sein, kann aber auch nicht hilfreich sein. Aber dazu mehr in einem anderen Beitrag. Jetzt möchte ich ein Thema ansprechen, was jeden, der mit Pferden zu tun hat, betrifft und betreffen sollte: Giftpflanzen. Einer der ersten Sätze, die mir als Reitermädchen eingebläut worden sind, war: “Niemals dein Pferd draussen fressen lassen, davon kann es krank werden.” Stimmt. Aber dass es auch gesunde und ungiftige Pflanzen und Bäume gibt, stimmt auch. Dazu komme ich noch in einem anderen Beitrag. Ich möchte dich dafür sensibilisieren, welche Pflanzen giftig sein können, damit du im Notfall richtig handeln kannst und Vorkehrungen treffen kannst, wenn du den Stall wechselst oder Selbstversorger bist, zum Beispiel.

Zunächst einmal möchte ich die Frage klären: Was macht eine Pflanze giftig, was nicht?


Dazu machen wir einen kleinen, sehr vereinfachten, Ausflug in die Biologie:


Die Pflanze, egal ob Blume, Unkraut oder Baum, enthält verschiedene Stoffe, die sie unter anderem braucht, um a) Bestäuber anzulocken (Bienen, Schmetterlinge, etc.) um sich fortzupflanzen und b) um Fressfeinde abzuschrecken. Diese abschreckenden Stoffe schmecken bitter, damit das Reh, die Kuh, das Pferd oder auch der Mensch, sie ausspuckt und die Pflanze nicht gefressen wird. Deshalb können wir ja auch verschiedene Richtungen schmecken (süß, sauer, salzig, bitter und umami/Fleischgeschmack). Auch mit Farben warnen Pflanzen uns vor dem Verzehr; der Fliegenpilz zum Beispiel, mit seinem roten Hut. Unser Frühwarnsystem ist extrem ausgeklügelt. Stellen wir uns einmal vor, du trinkst ein Glas Milch, die noch gut zu riechen scheint. Sobald die Milch deine Zunge berührt, merkst du aber: Stopp. Hier stimmt etwas nicht: Sie schmeckt sauer. Dich überkommt der Impuls, sie ins Spülbecken zu spucken und dir gründlich den Mund auszuspülen. Das war dein Körper, der dir gesagt hat: Gefährlich, könnte uns nicht guttun, weg damit! Isst du etwas Verdorbenes, reagiert dein Körper mit Brechreiz; du hast dir eine Lebensmittelvergiftung eingefangen. So oder ähnlich ist das auch bei Pferden. Sie wissen oft instinktiv, was ihnen gut tut, und was nicht und verschmähen altes Futter oder meiden Giftpflanzen. Im Idealfall. Denn: die Toxizität einer Giftpflanze hängt von der Menge an Giftstoffen ab, die sie enthält. Und je bitterer ein Kraut, desto ungeniessbarer. Aus Pferdesicht. Aber leider bekommen auch Pferde mal etwas Falsches in den Magen, denn gerade im getrockneten Zustand, wie im Heu, verlieren viele Giftpflanzen einen Teil ihrer Bitterstoffe, sind aber trotzdem immer noch giftig. Die Folge: Die Pferde bemerken nicht mehr, dass sie eigentlich gerade etwas Ungenießbares fressen. Zudem reagieren Pferde wesentlich empfindlicher auf kleinste Giftstoffmengen, als andere Tiere, was dazu führt, dass es bereits bei sehr geringer Konzentration zu Vergiftungssymptomen kommt. Das bedeutet: Auch wenn nur ein Teil der Pflanze gefressen wird, kann das schon gefährlich werden, was von uns als Menschen schnelles Erkennen und Reagieren erfordert. Deshalb findest du hier eine Ansammlung und Auswahl von Giftpflanzen für Pferde mit Bildern, sowie Symptomen.


Grundsätzlich gilt: Je höher die Konzentration der Giftstoffe, desto toxischer die Pflanze.


Natürlich wirst du dir nicht alles merken können. Sollst du auch nicht, viele Pflanzen sind nicht direkt als Giftpflanze erkennbar, deshalb erfordert das ein gutes Auge. Aber das ist wie beim Erste Hilfe-Kurs: Vieles bleibt unterbewusst doch irgendwo hängen, und man ist froh, wenn man zumindest ansatzweise Gefahren erkennen und helfen kann. Und sei es nur, den Tierarzt rufen und das Pferd absondern. Es ist besser, als nichts zu tun.


Zum Schluss noch ein kleiner Appell an Spaziergänger: Es gibt einen guten Grund, warum an Ställen und Weiden Schilder stehen, an denen “Betreten verboten”, “Füttern verboten” und Ähnliches steht. Ihr meint es nicht böse, gerade Kinder werfen gerne Gras vom Weidezaun, oder altes Brot, zu den Pferden. Verstehe ich. Ich war auch so. Pferde sind ja auch wundervoll, und die Nasen wie Samt und überhaupt ganz toll! Aber bitte, bitte: Macht das nicht mehr. Pferde können sehr, sehr krank werden, sogar sterben, wenn sie etwas fressen, was ihnen nicht bekommt. Und die Pferdehalter versorgen ihre Pferde meist sehr gut, auch ohne eure gut gemeinten Leckerli ;).


Giftpflanzen:


Adlerfarn: häufig an Waldrändern und belichteten Wäldern in Mitteleuropa zu finden. Die Inhaltsstoffe führen zu einer Vitamin B1-Zerstörung, was einen Mangel auslöst, der eine Ataxie (gestörte Koordinations- und Bewegungsfähigkeit), sowie eine Störung des Nervensystems zur Folge haben kann. Zudem können die im Adlerfarn enthaltenen Glycoside Krebs auslösen. Ca. 2 kg täglich über einen Monat hinweg gefüttert, können für ein ausgewachsenes gesundes Pferd tödlich sein.


Ahorn (Berg- & Feldahorn): Bergahorn ist meist in höher gelegenen Wäldern und auf Almen zu finden. Feldahorn eher in tiefliegenden Ebenen in Wälder und Hecken. Bei beiden Ahornarten kann bereits

eine sehr geringe Dosis hochgiftig für Pferde sein. Außerdem ist der Ahornsprössling häufig der Auslöser für Weidemyopathie. Die Samen sind giftiger, als die Blätter. Die frischen Keimlinge der Samen sind besonders giftig, daher ist besonders im Frühjahr und Herbst Vorsicht geboten! Symptome einer möglichen Ahornvergiftung können sein: Schwitzen, Krämpfe, Muskelzittern, dunkler Urin, sowie Koliken. Erste Vergiftungsanzeichen treten nach dem Verzehr von 500g Ahorn auf.


Blauer Eisenhut: Giftigste Pflanze in Mitteleuropa. Die Giftstoffe sind in allen Teilen der Pflanze enthalten. Meist als Zierpflanze in Gärten, Parks und auf feuchten Weiden zu finden. Symptome einer Vergiftung können sein: starker Speichelfluss, erweiterte Pupillen, Unruhe, Herzrhythmusstörungen, Durchfall, Krämpfe, aufsteigende Lähmung mit Lähmungen der Zunge und Gesichtsmuskulatur. Todesursache ist meist Kreislaufkollaps oder Atemlähmung.

Ein paar Gramm reichen aus, um Vergiftungserscheinungen hervorzurufen, 100-200g der frischen Pflanze sind tödlich.


Eibe: Häufig an Waldrändern, Waldwegen und als Gartenhecke zu finden. Die Eibe ist eine der giftigsten Pflanzen überhaupt für Pferde. Das Gift ist flächendeckend in Nadeln, Holz, Rinde und Samen enthalten. Selbst in kleinen Mengen ist die Eibe hochgiftig. Symptome sind hierbei Taumeln, beschleunigter Puls, Krämpfe, weißer Schaum vor dem Mund, Herzkreislaufkollaps und Blasenentzündung. Bereits 100-200g führen beim Pferd nach 5 Minuten zum Tod!


Roter Fingerhut: Wächst verbreitet in Parkanlagen, Gärten, lichten Wäldern und Gebirgslagen. Alle Pflanzenteile enthalten Digitalis, was sie hochgiftig macht, da die Konzentration sehr hoch ist. Symptome einer Vergiftung mit rotem Fingerhut können unter anderem sein: blutiger Durchfall, Benommenheit, hoher Blutdruck, Herzrhythmusstörungen. Bereits der Verzehr von wenigen Blüten kann zum Tod führen! Im getrocknetem Zustand reichen 25g, frisch 100-200g












Gefleckter Schierling: Wächst auf Brachland, an Wegen, auf Äckern und in Gärten.

Alle Teile der Pflanze sind giftig und enthalten Coniin. Symptome nach Verzehr können sein: Muskelschwäche, erhöhter Puls, Lähmungen, Krämpfe.

3-5kg können für Pferde tödlich sein







Goldregen: In Mitteleuropa nur in Gärten und Parks zu finden.

Sowohl in frischem, als auch in getrocknetem Zustand toxisch. Symptome einer Vergiftung mit Goldregen führen zu: Schweißausbrüchen, Zittern, schwerer Atmung, hohem Blutdruck, schnellem Puls.

250-300g der Samen können tödlich sein



Herbstzeitlose: Zu finden auf feuchten Weiden und Wiesen.

Sowohl im frischen, als auch getrockneten Zustand hochgiftig. Besonders im Heu werden Teile der Pflanze oft unbemerkt mitgefressen.

Nach dem Fressen dieser Pflanze treten folgende Symptome auf: Schwitzen, Appetitlosigkeit, extremer Speichelfluss, Koliken, blutiger Durchfall, Lähmungserscheinungen, Kreislaufstörungen

1,2-3kg der Herbstzeitlosen sind tödlich


Jakobskreuzkraut:

Achtung: verliert in getrocknetem Zustand ihre Bitterkeit, bleibt aber immer noch giftig!


Wächst an Wegen, Waldrändern, Industrieflächen, Brachflächen und verbreitet sich immer mehr auf Pferdeweiden. Hauptsymptom ist eine Leberschädigung, sowie zusätzlich Apathie, Gewichtsverlust, Appetitlosigkeit und depressive Verstimmungen. Bereits kleine Mengen über längere Zeit aufgenommen können dies auslösen.

Bei kleinen Ponies reichen 4kg frisches bzw. 0.5kg trockenes Jakobskreuzkraut, um tödliche Folgen zu haben, bei Großpferden 14kg frisches bzw. 2kg trockenes Jakobskreuzkraut. Die genaue Menge hängt von Gewicht und Gesundheitszustand deines Pferdes ab.


Johanniskraut: Fühlt sich auf feuchten Wiesen und an Waldrändern wohl.

Enthält mehrere giftige Stoffe die bei Verzehr folgende Symptome auslösen können: Schwellungen, Entzündungen an Lippen, Haut und Kinn sowie Unruhe.

Die geschätzte Menge, die bei Pferden zum Tod führen kann, liegt bei ca. 0.5% der Körpermasse des Pferdes.





Robinie/Falsche Akazie: Vorsicht! Das Holz dieser hochgiftigen Pflanze wurde häufig beim Bau von Stallwänden und/oder Weidezäunen genutzt, da es als besonders beständig gilt.


Häufig in Laubmischwäldern und auf Sand- und Lehmböden zu finden. Das Gift findet sich in Blättern, Früchten und vor allem der Rinde. Nur die Blüten sind ungiftig! Nach Verzehr der giftigen Anteile kommt es zu: Speichelfluss, Unruhe, erhöhtem Puls, Teilnahmslosigkeit, erweiterten Pupillen, gelben Schleimhäuten, Magen-Darm-Entzündungen verbunden mit Krämpfen, krampfhaftes Zucken, Gleichgewichtsstörungen und Leber- sowie Nierenschäden.


Nachtschattengewächse: Belladonna/Schwarze Tollkirsche, Stechapfel, Schwarzes Bilsenkraut:

Hochgiftig! Schon bei Aufnahme einer geringen Dosis führen diese Pflanzen zu geweiteten Pupillen, trockenen Schleimhäuten, Schluckstörungen, beschleunigtem Puls, Sehstörungen, Unruhe und Krämpfen. Zudem sind Lähmungen im zentralen Nervensystem, sowie in hoher Konzentration Muskel- und Atemstillstand die Folge, welche tödlich sind.


Schwarzes Bilsenkraut - Stechapfel - Schwarze Tollkirsche


 

Wie kannst du vorbeugen?

Zuhause:

  • Weideflächen regelmäßig gründlich (!) kontrollieren - oft verirren sich Giftpflanzen auf Pferdeweiden, auch wenn sie bereits entfernt worden sind

  • Beim Entfernen Handschuhe anziehen (sonst kannst du dich unter anderem auch vergiften, da viele Pflanzen auch für uns giftig sein können) -> Hände danach gründlich waschen

  • Beim Füttern: Heu kontrollieren: riecht es frisch oder abgestanden/faulig? Wie sehen die Gräser aus? Auch hier: Google evtl. ein Bild von getrockneten Giftpflanzen

  • Bestellst/Bewirtschaftest du deine Weide selbst: Giftpflanzen komplett ausstechen und nicht neben der Weide liegen lassen. Gerade das Jakobskreuzkraut breitet sich rasend schnell aus. Am Besten also gleich ab damit in die Tonne :)


Unterwegs, egal ob beim Ausritt oder auf längeren Touren:


  • Lass dein Pferd nicht “einfach so” mal eben am Wegrand naschen. Schau dir die Pflanzen gut an, google eventuell mit der Rückwärtssuche ein Foto davon.

  • Bei Unterkünften auf Wanderritten: Inspiziere auch hier die Weideflächen. Selbst wenn der Bauer dir versichert, da wäre nichts, vertraue lieber auf dein Bauchgefühl und schaue selbst nach, ganz nach dem Motto: Better safe than sorry.


Wenn der Ernstfall eintritt:


Tief durchatmen. Du brauchst einen klaren Kopf. Dann: Tierarzt rufen.

Er oder sie wird dich fragen:

  • Alter, Gewicht, AGZ (Allgemeiner Gesundheitszustand)

  • Was hat das Pferd gefressen?

  • Welche Teile der Pflanze?

  • Wieviel (ungefähr)?

  • Wann? (Vor 2 Stunden, 2 Tagen, seit x Monaten..))

  • Welche Symptomatik zeigt das Pferd?

Du hast den Tierarzt gerufen. Wunderbar, der erste Schritt ist geschafft! Erste Hilfe bis der Tierarzt da ist:

  • Kräutertee und/oder Wasser anbieten: Dein Pferd muss viel trinken, damit der Körper gut durchgespült wird! Möchte es nicht trinken, süße das Wasser mit etwas Zucker oder Honig

  • Fressen verhindern!

  • Bewegung verhindern! Je mehr dein Pferd sich bewegt, desto schneller können die Giftstoffe wirken!

  • Bei Bedarf: Boxenwände polstern, falls dein Pferd schwankt oder unruhig wird

  • Bei Lichtempfindlichkeit: Bring dein Pferd in den Schatten.

  • Aktivkohle verabreichen: sie bindet Giftstoffe! Faustregel: 100g in Wasser oder Kräutertee lösen (je nach Grösse: Pferd bis zu 750g, junges Tier bis zu 250g)

  • Bachblüten zur Beruhigung

  • Atmung erleichtern: feuchtes Tuch um Brustkorb wickeln

  • Kreislauf anregen: kalte Güsse und Umschläge an den Beinen, alle 20 Minuten erneuern

  • Bei Fieber: kalte Güsse (siehe Kreislauf anregen)

  • Bei schmerzenden/juckenden Hautarealen: kalter schwarzer Tee als Umschlag

  • Bei Bauchschmerzen: warme Umschläge mit ausgewrungenen Handtüchern, Woll- und Pferdedecke darüber

  • Bei Unterkühlung: Eindecken, Wärmelampe falls vorhanden

Bei einer akuten Vergiftung treten die Symptome in der Regel sehr schnell auf. Ist die Vergiftung chronisch, besteht sie also schon länger, sind die Krankheitszeichen erst nach und nach erkennbar. Umso schwieriger ist es, die Ursache genau zu bestimmen. Je schneller du sie erkennst, desto eher hilfst du deinem Pferd. Daher: Informiere dich regelmäßig über Giftpflanzen: Lies Bücher, schau dir Bilder an, versuche, auf Spaziergängen Pflanzen zu identifizieren oder hänge dir ein Poster in den Stall/deinen Spind, sodass du immer mal wieder drauf schaust.



 


 

Über die Autorin:

Sarah studiert Anglistik und Archäologie an der Universität Freiburg, in Süddeutschland. Sie ist durch und durch ein „Pferdemädchen“ und würde am Liebsten den ganzen Tag im Stall verbringen. Sie konnte bereits einige Erfahrung in verschiedenen Reitweisen sammeln, blieb dann jedoch bei der Iberisch-Barocken Reitweise hängen. Als ehemalige Physiotherapie-Auszubildende ist sie außerdem der Überzeugung, dass nicht nur das Pferd gesund-erhaltend bewegt werden sollte, sondern auch der Reiter selbst. Wenn sie nicht gerade im Stall ist, dann liest sie alles, was sie über Pferde finden kann.



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